Kollegitheater 2013 der Stiftsschule Engelberg
Campiello
von Peter Turrini, frei nach Carlo Goldoni
Kollegitheater 2013
Campiello
von Peter Turrini, frei nach Carlo Goldoni
Zum Stück
Ort des Geschehens ist ein „Campiello“ – so nennt sich noch heute ein kleiner, venezianischer Platz. Eine eigentliche Piazza gibt es in Venedig bekanntlich ja nur einmal: die Piazza San Marco. Alles andere sind eben „campi“ oder „campielli“ und weisen somit noch heute darauf hin, dass da, wo heute Steinplatten liegen, früher kleine Felder und Wiesen waren.
Zeitlich gehen wir zurück ins Jahr 1756. Es ist Winter und im Zentrum Venedigs hat der Carnevale eben begonnen. Auf unserem Campiello aber, wo die einfacheren Leute leben, scheint weder Zeit noch Geld vorhanden, um Narretei zu betreiben: Mütter und Onkel sorgen und bemühen sich um die Verheiratung ihrer Töchter und Nichten. Und diejenigen, die schon verlobt und verheiratet sind, hadern; lassen sich nur zu gern von einem fremden Charmeur umgarnen. Überhaupt, wer ist dieser Cavaliere, der ein ganzes Quartier in helle Aufregung versetzt?
Campiello ist eine der späteren Komödien Carlo Goldonis (1707-1793), in der das Commedia dell’arte Spiel zur Charakterkomödie ohne Maske wird. Und in der Tat ist es eine Freude, dem Spiel dieser Charaktere zu folgen, ihren Mauscheleien und durchtriebenen Spielchen. So wird bald klar: Der Alltag dieser Leute bietet Gelegenheit genug für Narretei. Sie brauchen keinen zeitlich begrenzten Karneval; sie haben das ganze Jahr karnevalistisches Treiben, in dem jede und jeder seine Rolle spielt. Das reale Leben bietet Stoff genug für die Bühne.
In der Übersetzung und Bearbeitung von Peter Turrini (*1944) bekommt dieses Stück seine Schärfe. Aber wie kommt ein Kärntner wie Turrini dazu, sich mit Goldoni zu beschäftigen? Der Sohn eines italienischen Gastarbeiters stellt sich in seinen Stücken immer wieder der sozialen Aussenseiterproblematik und liefert dem „neuen Volkstheater“ überraschende Pointen. So muss ihn dieses Stück geradezu animiert haben, deftige Sprache, Wortwitz und italianità zu zelebrieren.
Franziska Bachmann Pfister